Samstag 5.Fastentag 94,6 kg (minus 0,9 kg)

 

Das erste Wochenende.

 

Die Familie ist zu Hause und mir fällt auf, wie oft gerade am Wochenende über Essen geredet wird.

 

Es gibt ein ausgiebiges Frühstück (für die anderen) und am Vormittag geht’s zum Einkauf für die nächsten zwei Tage. Auf dem Zettel stehen die Zutaten für Mittagessen und Abendbrot.

 

Ich bin fein raus, der Zettel ist nicht für mich. Deshalb ist meine Frau auch nicht sauer, wenn ich mich vor dem Einkauf drücke.

 

Einer unserer Söhne hat heute ein Fussballturnier seines Vereins.

Damit es den Eltern bei so einem Turnier nicht zu langweilig wird, ist wie es immer so schön heißt, für Speis und Trank gesorgt.

 

Wir parken in der Nähe des Sportplatzes - direkt an einem Asia Imbiss. Auf dem Platz angekommen, duftet es verführerisch nach Gebratenem. Direkt am Rande des Fussballplatzes qualmt ein großer Grill. Die ersten Eltern stehen bereits nach einer Bratwurst an. Endlich essen, es ist elf Uhr in Deutschland.

 

Anpfiff und die ersten Kids stürmen über den Rasen. Ich vergnüge mich mit meinen beiden Wasserflaschen und verlasse ab und zu den Sportplatz, um dem Hund Bewegung zu verschaffen.

 

Der Platz liegt am Rande eines Flusses. Ich stehe am Ufer, verfolge die vorbeifahrenden Boote und manchmal auch das Geschehen auf dem Rasen. Tasha verfolgt Mäuse. Es ist windig, leichter Regen setzt ein und der Geruch von gebratenem Gebratenen verfolgt mich.

 

 

Ich habe heute meinen 5.Fastentag. Ich habe keinen Hunger, aber ich habe Appetit. In einem naheliegenden Café bestelle ich mir eine Tasse Schwarztee. Das Tütchen Zucker möchte meiner kleiner Sohn, den Keks vom Tellerrand bekommt der Hund. Das Turnier geht zu Ende, die Mannschaft meines Sohnes schafft es auf Platz zwei.

 

Am Abend wartet die nächste Bewährungsprobe auf mich. Ich bin im Garten und meine Frau ruft mich zum Abendbrot ins Haus.

Es riecht nach frischem Baguette und Knoblauch. Auf dem Tisch steht eines meiner Leibgerichte: Riesengarnelen mit Knoblauchcreme. Augenblicklich tropft mir der Zahn und ich breche zum ersten Mal einen Streit vom Zaun. Ich werfe meiner Frau vor, sie würde ausgerechnet während meiner Fastenzeit alle meine Lieblingsgerichte kochen, was natürlich nicht stimmt. Sie kontert, ich wäre seit Tagen launisch und ungerecht.

 

Das wiederum stimmt sogar. Ich habe selbst festgestellt, dass ich in den letzten Tagen nicht nur antriebslos und müde, sondern auch dünnhäutig geworden bin. Kleinigkeiten, denen ich sonst gelassen begegne, bringen mich plötzlich auf die Palme. Ich will ein fröhlicher, cooler Papa und Ehemann sein. Entwickle ich mich zum Familientyrann? Was ist los mit mir?

 

Fasten ist auch Fasten für die Seele. Gedanken kommen und gehen, Stimmungen können umschlagen, die Umwelt wird intensiver wahrgenommen. Mitunter werden auch seelische Spannungen frei, die in unserer hektischen durchgeplanten Zeit oft unterdrückt werden.

 

Das Eis zum Nachtisch konnte mich dann auch nicht mehr ärgern.

 

zum 6.Fastentag


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